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Willkommenskultur in Willkommensstruktur übersetzen!

Willkommenskultur in Willkommensstruktur übersetzen!
Dieser Satz ist inzwischen immer häufiger zu hören und weist auf eine Lücke hin, die nicht einfach „nur“ durch Hoffen auf ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement geschlossen werden kann.
Beim Festival „Open Ohr“ am vergangenen Wochenende in Mainz wurde viel über Asyl- und Integrationspolitik diskutiert und – bedauerlicherweise in Abwesenheit von Sozialdezernent Merkator – unter anderem zu folgenden Punkten dringender Handlungsbedarf festgestellt:

1. Institutionen wie die Ausländerbehörde, das Jobcenter u.a. müssen dazu gebracht werden, selbst Dolmetscher vorzuhalten. Die Refugees aufzufordern, einen Dolmetscher selbst zu organisieren oder zu bezahlen, muss angesichts der Lage, in der sich Flüchtlinge befinden, ganz klar zurückgewiesen werden. Entsprechende Berichte über Vorgänge in der Mainzer Ausländerbehörde sind, Amtssprache hin oder her, ein No-Go, und nicht nur dort. Wie können wir den Behörden hierbei noch effektiver helfen? Die gegebenenfalls auch ehrenamtliche Begleitung von Refugees zu den Behörden, die Nutzung von Beschwerdestellen etc. erscheinen hier als ein erster Schritt.

2. Nutzung von Leerständen – beim Thema Asyl und Flüchtlinge ist von den politisch Verantwortlichen immer wieder zu hören, es gebe zu wenig verfügbaren Wohnraum. Was auf den ersten Blick richtig erscheint. Tatsächlich gibt es jedoch eine Menge leerstehender Gebäude, die es lediglich sinnvoll zu nutzen gilt. Eine Übersicht über die Situation ist über die Website www.leerstandsmelder.de ganz schnell und einfach möglich.

3. Daran anknüpfend: Die Alternative der Unterbringung in Privatwohnungen ist oftmals günstiger als jene in großen Sammelunterkünften und Heimen. Städte wie Leverkusen haben eine solche Lösung nicht aus Großherzigkeit, sondern aus finanziellen Vorteilen heraus gewählt. Handfeste Argumente sind also vorhanden.
Warum ist dies in Städten wie Mainz noch nicht stärker geschehen? Es mangelt mitunter ganz banal auch an der Information von Immobilieneigentümern, an der Nennung von zuständigen Ansprechpartnern bei der Verwaltung, an einem kurzen Zeitungsbeitrag, der bspw. 1x monatlich in der Zeitung erscheinen könnte.
Eine Frage des politischen Willens.

4. Die Gesundheitsversorgung von Asylbegehrenden ist nicht tragbar. Krebskranken wird beispielsweise die Entfernung von Tumoren verweigert, da solche Langzeiterkrankungen nicht als vereinbar mit dem Grundsatz „medizinische Versorgung nur im akuten Notfall“ angesehen werden. Ein gesundheitspolitischer Skandal noch immer und die Verweigerung eines Grundrechtes. Einer von vielen Gründen, warum das unnötige Konstrukt Asylbewerberleistungsgesetz abgeschafft werden und stattdessen eine Gleichbehandlung erfolgen muss.
(Weitere Informationen siehe http://stopasylblg.de/)

5. Geflüchteten wird der Zugang zum Erwerbsleben nicht nur durch die sogenannte Vorrangprüfung (auch: „Nachrangigkeitsprüfung“) innerhalb der ersten 15 Monate erschwert, sondern auch durch zahlreiche administrativ-bürokratische Hürden. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Duldung oder subsidiärem Schutz. Ein Zustand, der zur Stigmatisierung dieser Menschen beiträgt und den Aufbau einer Perspektive unnötig verhindert.
Mehr Informationen dazu: http://www.derwesten.de/…/asylverfahren-behindern-jobsuche-…

Es handelt sich bei all diesen Themen vor allem um Fragen des politischen Willens. Und den müssen wir Alle zum Ausdruck bringen. Angesichts der steigenden Zahl unerledigter Asylanträge müssen die genannten Punkte umso dringender angegangen werden.
Die Gemeinde Münster-Sarmsheim hat vor kurzem klar verdeutlicht, was auch die jüngste Meinungsumfrage von Emnid widerspiegelt: Die Bereitschaft der Menschen in Deutschland, Flüchtlinge aufzunehmen, steigt – die Angst sinkt.
Mehr hier nochmal: http://www.berliner-zeitung.de/…/fluechtlinge-in-deutschlan…

Es gilt nun, das Durchsickern dieser Botschaft in die Köpfe der politisch Verantwortlichen entschieden voranzutreiben.

Die Demokratie bietet Möglichkeiten, aktiv zu werden: Auf Lokalpolitiker zugehen, Forderungen mitteilen, Leserbriefe an Zeitungen schreiben, Mit den Geflüchteten in den Unterkünften reden, sie zu Behörden begleiten – Alle können etwas beitragen, die Zustände zu verändern. Danke.